Project Details
Raub, Rache und "Fehde" im spätmittelalterlichen England
Applicant
Professorin Dr. Christine Reinle
Subject Area
Medieval History
Term
from 2009 to 2017
Project identifier
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 71062747
Entgegen einem noch immer verbreiteten Forschungsstereotyp waren fehdeförmliche Konfliktaustragsformen im mittelalterlichen England weit verbreitet. Sie waren Ausdruck einer Gesellschaft mit insgesamt hohem endemischem Gewaltpotential, dessen Spektrum von gewöhnlicher Kriminalität über Gewalthandlungen als Sekundärfolge von Kriegen bis hin zu Rache, „Fehde“ und politisch motivierter Gewalt reichte. Als Träger dieser Gewalthandlungen sind Gefolgschaften des Hochadels auszumachen, die phasenweise zu Gewaltgemeinschaften mutieren konnten, ohne freilich ausschließlich Gewaltgemeinschaften zu sein. Daher gilt es, näher zu bestimmen, welchen Anteil Gewalthandeln an der Herstellung von Kohäsion innerhalb dieser durch vielfältige vertragliche und soziale Bande verflochtenen Gefolgschaften hatte, welcher sozialen Logik das Gewalthandeln folgte, besonders: welchen Stellenwert und welche symbolische Bedeutung der Gewalteinsatz für den Konfliktaustrag hatte, welchen sozialen Normen bzw. welcher „Ethik“ diese Gruppen folgten und welchen Ausdruck die erinnernde Deutung erlebter bzw. verübter Gewalt fand. Auch die gewaltbegünstigenden Rahmenbedingungen sind zu berücksichtigen. Soweit Kontakte, Kooperationen oder Überschneidungen mit Räuberbanden festgestellt werden können, sollen auch diese betrachtet werden. Als Untersuchungszeitraum wird das mittlere 15. Jahrhundert gewählt (besonders die 1430/1450er Jahre), als Untersuchungsgegenstand die konfliktfreudige Hochadelsfamilie Percy, Grafen von Northumberland. Die Untersuchung einer durch und durch gewaltbereiten Gesellschaft, die ihre Neigung zu eigenmächtigem gewaltsamem Konfliktaustrag nicht mit Hinweis auf staatliche Defizite im engeren Sinn rechtfertigen konnte, verspricht Aufschluss über die „Logik von der Gewalt“ und die Rationalität sowie das Normensystem gewaltbereiter Gruppen in vormodernen und ggf. auch in modernen Gesellschaften.
DFG Programme
Research Units
Subproject of
FOR 1101:
Organised Bodies of Violence