Im Rahmen des Projektes wurden auf allen Stufen der textilen Fertigungskette für Polyvinylidenfluorid (PVDF) Multifilamente textiler Feinheit grundlegende Prozessfenster der Faserherstellung und der Weiterverarbeitung zu textilen Flächen erarbeitet. Zusätzlich wurden tiefgehende Untersuchungen der kristallinen Morphologie und der Strukturbildung durchgeführt. Das Schmelzspinnen von PVDF Multifilamentgarnen textiler Feinheit wurde detailliert erarbeitet und Prozessgrenzen aufgezeigt. Besonderheiten die bei der Verarbeitung von PVDF mittels Schmelzspinnen zu beachten sind, wurden dokumentiert. Die Verarbeitbarkeit von PVDF Multifilamentgarnen auf Streckspulanlagen sowie Texturiermaschinen wurde überprüft und geeignete Prozessparameter definiert. Die entstandenen Garne wurden mittels etablierter Messverfahren bezüglich des Kraft-/Dehnungsverhaltens und Schrumpfeigenschaften beurteilt. Die Fertigung von textilen Flächen wurde auf einer Doppelraschelmaschine und einer Webmaschine durchgeführt und die möglichen Prozessparameter beschrieben. Aufgetretene Probleme bei der Herstellung wurden beschrieben und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die entstandenen textilen Flächen wurden in Bezug auf mechanische Eigenschaften und die Luftdurchlässigkeit beurteilt. Entlang der gesamten Herstellungskette wurden in den Zwischenstufen Garnproben mittels Dynamischer Differentialkalorimetrie und Weitwinkelröntgenbeugung untersucht. Somit wurden die Strukturbildung im Spinnprozess und die Veränderungen der morphologischen Struktur von PVDF während der textilen Verarbeitung untersucht und beschrieben. Aus den gewonnen Ergebnissen der Strukturanalyse wurde in Kooperation mit dem Institut für Kristallographie der RWTH Aachen (XTAL) ein Phasenumwandlungsmodell für schmelzgesponnene PVDF Fasern aufgestellt. Im Rahmen der Abschlussarbeiten konnten erste Versuchsmuster hergestellt werden, an denen die generelle Nutzbarkeit des piezoelektrischen Effektes der kristallinen Beta-Phase in daraufhin optimierten Fasern gezeigt werden. Ausblick auf künftige Arbeiten und Beschreibung möglicher Anwendungen Piezo- /pyroelektrische Eigenschaften von PVDF Garnen: Die Erarbeitung der Grundlagen zur effektiven Nutzung der piezoelektrischen Eigenschaften von PVDF Fasern ist eine ausstehende Herausforderung, die in der Zukunft zu bewältigen sein wird. Die bisherigen Ergebnisse lassen zwar darauf schließen, dass die piezoelektrischen Eigenschaften nutzbar sein werden, eine technische Umsetzung unter Ausnutzung der Vorteile einer Faser alternativ zu einer Folie steht aber noch aus. Hierzu sind sowohl Grundlagenforschungsprojekte als auch anwendungsnahe Entwicklungsprojekte vorgesehen. Biokompabitilität von PVDF: Der Einsatz von PVDF in medizinischen Anwendungen ist Stand der Technik. Am ITA werden in laufenden Forschungsprojekten beispielsweise die Zellbesiedlungseigenschaften von PVDF Fäden untersucht. Weiterhin werden aus PVDF Monofilamenten gewirkte Strukturen für den Einsatz als Blutgefäßimplantaten erforscht. Mit den gewonnenen Kennissen und nun verfügbaren Herstellungsprozessen für sehr feine Garne aus PVDF werden weitere Anwendungen denkbar. Ein Beispiel hierfür sind Stapelfaservliese, die ebenfalls für Implantatanwendungen gezielt entwickelt werden können. Filtrationsanwendungen: Aufgrund der chemischen Beständigkeit von PVDF ist das Gebiet der Filtration sowohl von Gasen als auch von Flüssigkeiten als mögliche Anwendung zu betrachten. Besonders die im abgeschlossenen Projekt erarbeiteten Technologien und Prozessfenster zur Herstellung von feinsten Fasern ist für die gezielte Entwicklung von Filtern eine Voraussetzung. Das ITA ist zurzeit mit verschiedenen Industriepartnern in der Diskussion über mögliche Kooperationen und gemeinsame Produktentwicklung. Fluorpolymere: Im Ausblick auf zukünftige Forschungsfragen und Anschlussprojekte ist besonders der genehmigte Forschungsgroßgeräte-Antrag nach Art. 91b GG genannt. Die in diesem Antrag spezifizierte „Hochtemperatur-Extrusionsanlage zur Herstellung von Mono- oder Bikomponenten-Garnen“ ist auf die Verarbeitung von PVDF und weiteren fluorierten Polymeren ausgelegt. Somit werden sich weitere Materialien und Kombinationen derer für die Fadenherstellung nutzen und erforschen lassen. Die Anschaffung einer solchen Anlage für die Möglichkeiten der weiteren Erforschung von PVDF Fasern enorm erweitern. Die Kombination mit anderen Standardthermoplasten oder besonders weiteren Hochtemperaturpolymeren bzw. Fluorpolymeren ist weitgehend unerforscht.