Im Rahmen des Forschungsprojekts ModIWa II wurden in interdisziplinärer Zusammenarbeit rechtliche und technische Maßnahmen zur Realisierung von sicheren Internetwahlverfahren identifiziert und analysiert. Das Projekt baute hierzu auf die Ergebnisse des vorangegangenen Projekts ModIWa I auf. Die im Ausgangsprojekt erarbeiteten technischen Ziele an Internetwahlen wurden erweitert und vertieft. Die technischen Ziele wurden durch Angreiferfähigkeiten ergänzt, über die die der Grad der Umsetzung einzelner technischer Ziele gemessen wird. Es wird außerdem zwischen Sicherheitszielen im engeren Sinne der klassischen IT-Sicherheit einerseits und weiteren Sicherheitszielen im erweiterten ganzheitlichen Verständnis von IT-Sicherheit andererseits, sowie quer dazu zwischen protokoll- und systemspezifischen Zielen unterschieden werden kann. Durch die genaue Einteilung der Ziele ist eine exaktere Bewertung auf den unterschiedlichen Teilen eines Wahlsystems (z.B. Wahlprotokoll versus Einsatzumgebung) möglich. Das Sicherheitsmodell des Ausgangsprojekts wurde entsprechend der neuen Kategorisierung der Ziele angepasst und zur Validierung des Modells auf konkrete Wahlprotokolle (Helios und Polyas) abgebildet. Weiterhin wurden technische Lösungen zur Zugriffskontrolle, zur Wähleridentifizierung und -authentifizierung sowie zur Absicherung des Wahlclients untersucht. Der neue Personalausweis mit PIN-Eingabe wurde als vielversprechende Möglichkeit zur Wählerauthentifizierung identifiziert. Für die Bearbeitung weiterer technischer und rechtlicher Fragestellungen hat sich die Erkenntnis über den gesetzlichen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers beim Erlass von Vorschriften zum Wahlverfahren als wesentlich herausgestellt. Dieser unterscheidet sich je nach Wahlanwendungstyp. Für Bundestagswahlen, Sozialwahlen, Hochschulwahlen und Vereinswahlen wurde er genauer analysiert sowie Anforderungen und Grenzen bestimmt. Der Gestaltungsspielraum räumt der Legislative grundsätzlich einen weiten Einschätzungsspielraum bei der Abwägung der Wahlrechtsgrundsätze ein. Der Gesetzgeber kann einen Wahlrechtsgrundsatz zugunsten eines anderen einschränken. Alle Grundsätze müssen jedoch bestmöglich und - mangels einer entgegenstehenden Entscheidung des Gesetzgebers - zu einem Mindestgrad gewährleistet sein. Dies macht es zum einen schwierig, eine feststehende und allgemeingültige Aussage über die Zulässigkeit kryptographischer Wahlprotokolle alleine zu treffen, da das konkrete Internetwahlsystems inklusive Einsatzumgebung vorliegen muss. Zum anderen bedeutet dies auch, dass es nicht möglich ist, für jedes Wahlszenario ein konkretes CC-Schutzprofil zu entwickeln, sondern dass mehrere CC-Schutzprofile denkbar sind. Entsprechend wurde hier eine Methode zur Entwicklung von CC-Schutzprofilen aus den rechtlichen Vorgaben entwickelt. Basierend auf den technischen Zielen wurden verschiedener kryptographischer Wahlprotokolle analysiert. Es wurde gezeigt, dass viele der in der Literatur vorgeschlagenen kryptographischen Wahlprotokolle den Mindesterfüllungsgrad des Gestaltungsspielraums (meist hinsichtlich der Geheimhaltung der Wahlentscheidung und der Verifizierbarkeit) nicht erfüllen. Motiviert durch diese Erkenntnis wurde eine Reihe von Verbesserungen für die unterschiedlichen Ansätze inkl. eines eigenen Protokolls (PUD) erarbeitet. Aufbauend auf den zuvor genannten Erkenntnissen wurden Regelungsziele und Regelungsvorschläge für Internetwahlen formuliert, die aus den rechtlichen Kriterien abgeleitet, die in ModIWa I mittels der rechtlichen Methode KORA erarbeitet worden waren. Aus ihnen wurden unter Einbeziehung der bereits bestehenden Gesetze konkrete Vorschläge für die Gesetzgebung entwickelt. Für die Bundestagswahl liegt im Ergebnis ein Vorschlag für eine Internetwahlverordnung vor. Diese kann als Referenzmodell verwendet werden, um unter Beachtung der rechtlichen Besonderheiten anderer Wahlanwendungen auch Vorschläge für diese abzuleiten.