Chemo-enzymatische Gewinnung und Charakterisierung neuartiger Glycokonjugate
Final Report Abstract
Im Rahmen dieses Projekts wurden zunächst durch mikrobielle Fermentation gezielt natürliche Glycolipide mit Hilfe von Candida bombicola, Pseudozyma aphidis und Pseudomonas aeruginosa produziert, anschließend isoliert, gereinigt und zur chemoenzymatischen Gewinnung der darin enthaltenen seltenen Zucker- und Fettsäurebausteine eingesetzt. Während die Fettsäurebausteine erfolgreich bereitgestellt werden konnten, gelang es mit keiner der Methoden bzw. keinem der eingesetzten Enzyme, die Disaccharide Sophorose und Di-Rhamnose zu gewinnen, da bei allen Ansätzen stets eine Hydrolyse zu den Monosacchariden bzw. den entsprechenden Monosaccharidglycolipiden erfolgte. Nach Aufreinigung der ungewöhnlichen Fettsäuren und Etablierung bzw. Anpassung von literaturbeschriebenen Methoden zur Zuckerestersynthese wurde versucht durch lipase- und glycosidasekatalysierte Reaktionen die ungewöhnlichen Fettsäuren (i) zunächst auf kommerziell erhältliche Zucker und (ii) dann auf Mono-Rhamnose und Glycolipide zu übertragen. Die Glycolipidsynthese gelang - wenn auch mit geringen Ausbeuten - erfolgreich mittels lipasekatalysierter Reaktionen, wobei sich als zwei wesentliche Parameter zeigten (i) die bereits bekannte geringe Löslichkeit der Zuckerbausteine in den verwendeten organischen Lösungsmitteln und (ii) die Bedeutung der primären und sekundären OH-Gruppen der Zuckerbausteine: Besser in Lösungsmittel verfügbare Zucker wie Rhamnose zeigten eine Reaktion. Auch Zucker ohne primäre OH-Gruppe wurden bei entsprechender Löslichkeit als Substrat akzeptiert und ergaben Mischprodukte. Bei Verwendung von Glycolipiden als Ausgangssubstrat für lipasekatalysierte Synthesen bestand das Löslichkeitsproblem nicht und es gelang, auch präparativ eine Reihe interessanter neuer Glycokonjugate herzustellen: Das 2-Dodecyl-Sophorosid SL-E2-12 wurde erfolgreich in den primären C-6‘- und C-6‘‘-Positionen der Sophorose acyliert. Bei den Mannoyslerythritol-Lipiden MEL-A und MEL-B gelang dies in der freien primären OH-Gruppe des Erythritolteils. Insgesamt gingen aus den genannten lipasekatalysierten Reaktionen und den nachfolgenden NMR/MS-Untersuchungen so fünf neuartige Glycokonjugate hervor. Dazu kamen noch vier weitere neuartige Glycolipide, die aus enzymatischen Acylierungen mit Hilfe von kommerziell erhältlicher Decan- und Stearinsäure resultierten. Acyl-Akzeptor war dabei das 2-Dodecyl-Sophorosid SL-E2-12. Die so gewonnenen neuartigen Glycolipide und ihre jeweiligen Edukte wurden physikochemisch und in biologischen Aktivitätstests vergleichend untersucht. Bei der Senkung der Oberflächenspannung von Wasser waren insbesondere die Kombinationsprodukte aus 2-Dodecyl-Sophorosid bzw. MEL-A/-B und 3-OH-Decansäure sehr effektiv. Fast alle neuen Substanzen stabilisierten w/o-Emulsionen recht gut. Bei den biologischen Tests war auffällig, dass die Glycolipide gram-positive Bakterien inhibierten. Einige der Produkte zeigten zudem gute Effekte in in vivo-Experimenten zur Anti-Tumor-Aktivität. Anwendungsaspekte könnten sich für die neuen bioaktiven Glycokonjugate – vor allem basierend auf bisher nicht allgemein verfügbaren nativen Bausteinen - in der Kosmetikindustrie z.B. als Emulgatoren und Feuchtigkeitserhaltungsmittel als auch in der Pharmazie abzeichnen. Eine zukünftige Verwertung solcher Substanzen ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, wenn diese wirtschaftlich bereitgestellt werden können. Die Bedeutung und Herstellung mikrobieller mit Hefe im Rahmen der Projektarbeiten hergestellter Sophoroselipide wurde im Rahmen der Ausstellung „Kräuter, Drogen und Extrakte – Pflanzenwirkstoffe im Alltag“ 2011 beim Deutschen Gartenbaumuseum in Erfurt präsentiert. Diese Ausstellung soll nun ab April 2013 bei der Internationalen Gartenschau igs Hamburg gezeigt und dafür wiederum von uns bemustert werden. In weiterführenden Arbeiten soll die Verwendung von für die Biokatalyse neuartigen zum Lösen von Zuckern geeigneten Lösungsmittelsystemen wie der „Deep eutectic solutions“ (DES) untersucht werden, da diese möglicherweise von den Glycosidasen toleriert werden. Mit ersten Untersuchungen in Vorarbeiten wurde hierzu bereits begonnen.