Die Bewegungen der Augen während des Lesens reflektieren visuelle, okulomotorische und sprachbezogene Prozesse, die zusätzlich durch Aufmerksamkeit und Kognitionen beeinflusst werden. In diesem Zusammenspiel der unterschiedlichen Funktionen können u.a. Bezüge zwischen den beim Lesen ablaufenden Augenbewegungen und bestimmten Lese-Rechtschreib-Schwächen hergestellt werden. Das Hauptziel der im Rahmen des Forschungsstipendiums durchgeführten Untersuchung war demnach, die binokulare Koordination während des Lesens für Personen mit unterschiedlichen Lesefähigkeiten (alters-entsprechend vs. beeinträchtigt) und unterschiedlichen Alters (von Kindem bis zu Envachsenen) zu untersuchen. Darüber hinaus war zu erwarten, dass eine Veränderung der Sehentfernung (nah vs. fern) für die ein oder andere Gruppe (alters- oder lesefähigkeitstypisch) die binokulare Koordination verändert bzw. erleichtert. Im Rahmen des Forschungsstipendiums wurden binokulare Augenbewegungen für 49 Kinder bzw. Jugendliche im Alter zwischen 7 und 17 Jahren vermessen. 33 Kinder mit diagnostizierter Lese-Rechtschreibschwäche und 16 Kinder, die normales Leseverhalten zeigten, lasen einen Standarttext in 2 Sehentfernungen (40 cm vs. 100 cm). Eine sehr grobe Vorauswertung der Daten zeigte, dass insbesondere die Kinder mit einer Lese-Rechtschreibschwäche von der entfernteren Sehentfemung profitierten, in soweit als das ihre binokulare Koordination dort weniger von der der normal-lesenden Kindern abwich; darüber hinaus war zu beobachten, dass absolute Vergenzfehler (Fixationsdisparitäten) während der Lesefixationen für die entferntere Sehentfernung geringer wurden (was theoretisch so zu erwarten war) und auch dieser Effekt war für die Gruppe der Kinder mit Lese-Rechtschreibschwäche deutlicher. All diese Beobachtungen basieren auf vorläufigen, sehr groben Betrachtungen der Daten; alle detaillierten Datenanalysen werden zur Zeit im Rahmen des Rückkehrstipendiums durchgeführt.